Die Steinkreuze von Kirchstätt
Die beiden Steinkreuze standen ursprünglich im nahen Kirchstätter Wald - kartographisch im Westerholz, landläufig nach einem langjährigen Vorbesitzer auch Schuhbeck-Holz genannt. Das Waldstück gehörte gemäß Urkataster von 1813 und 1864 lange Zeit zum Großmaier-Hof in Kirchstätt. Die Kreuze befanden sich an einem Wald-Flurweg, der von Kirchstätt nach Poschen und Iring führt, nahe der Gabelung der beiden Wege. Zuletzt lagen sie am Boden und waren von Moos und Gestrüpp überwuchert. Annähernde Koordinaten: 48°03'35" / 12°25'55" = 48.05965/12.43190.
Nach einer Volkssage soll in alter Zeit, als Kirchstätt nur aus einem einzigen großen Hof bestand, beim Kampf zweier Brüder um dieses ihr Erbe der eine ums Leben gekommen sein. Zur Sühne habe der andere zwei Kreuze aufgestellt - ein großes und ein kleineres.
Als jedoch die beiden Flurdenkmäler nach Schnaitsee zum Schmied gebracht wurden, um sie für die Aufstellung vor der Magdalenenkirche herzurichten, fiel sogleich auf, dass die Form der Kreuze mit Ausnahme der Gesamthöhe deckungsgleich ist. Ein später hinzukommender Fachmann für Gesteinsformationen fand auf der Rückseite des großen Kreuzes scharfe Kanten, die darauf hindeuteten, dass das kleinere Kreuz durch Witterungseinflüsse abgespalten worden war. Und man stellte fest, dass mit Ausnahme weniger Stellen nicht einmal ein Zündholz zwischen die beiden Teile passen würde. Somit kann davon ausgegangen werden, dass an der Weggabelung im Kirchstätter Wald ursprünglich nur ein einiges Kreuz stand.
Von der Form mit den eingezogenen Armen her ist es ein in der Barockzeit gefertigtes Sühnekreuz, mit dessen Aufstellung es bis ins frühe 16. Jahrhundert möglich war, einen unbeabsichtigten Totschlag zu sühnen - zusammen mit weiteren Taten der Buße. Ob der Grund für die Aufstellung des Kreuzes tatsächlich ein Tötungsdelikt war, oder von einem Unfall auszugehen ist, werden wir nie erfahren - zumal auch die Chroniken darüber keine Auskunft geben.
Die Steine bestehen aus dem in der Umgebung allseits auffindbaren Gneis-Schiefer, landläufig Bleistein genannt. Sie wurden vor über 10.00 Jahren vom Prien-Gletscher, dessen Endmoräne in dem bei Mantelsham verlaufenden "Schnaitsee-Seeoner Bogen" zu erkennen ist, aus den Zentralalpen bis in unsere Gegend transportiert.